Belgien/Jugendliche und Engagierte: Wenn Sommerjobs sinnstiftend werden
Mitten in der Sommerzeit tauschen viele junge Menschen die klassischen Jobs in Supermärkten oder Schnellrestaurants gegen solidarische Berufserfahrungen ein. Eine Entscheidung, die Bezahlung und positive soziale Auswirkungen miteinander verbindet und eine Generation offenbart, die mehr darauf bedacht ist, ihren ersten Schritten in der Arbeitswelt einen Sinn zu geben.
"Ich wollte einen Job mit Sinn"
"Ich finde es fabelhaft, dass Menschen, die ihre Beine nicht benutzen können, frische Luft schnappen und im Wald spazieren gehen können", sagte Marie-Claire, die lieber einen Job "mit Sinn" als in einem Supermarkt haben wollte. Ihre Erfahrung zeigt eine zunehmende Tendenz unter jungen Menschen, nach Saisonjobs zu suchen, die ihren Werten entsprechen.
In Wallonien verändert das Programm "Été Solidaire" (Solidarischer Sommer) seit drei Jahrzehnten das Konzept des Sommerjobs. Bei einer Vergütung von 8 € netto pro Stunde entdecken diese jungen Menschen, dass ihr Wert nicht nur an ihrer Kaufkraft gemessen wird, sondern an ihrer Fähigkeit, ihre Umgebung positiv zu verändern.
Mehr als nur ein Broterwerb
Über den finanziellen Aspekt hinaus bieten diese Sommer-Arbeitserfahrungen den Jugendlichen ein Eintauchen in die Arbeitswelt und ermöglichen ihnen gleichzeitig, sich konkret für bürgerschaftliche Aktionen zu engagieren , die sich direkt auf ihre Gemeinschaft auswirken. Die erworbenen Fähigkeiten - Pünktlichkeit, Verantwortung, Teamarbeit - werden durch tiefere Lernerfahrungen in Bezug auf Empathie und Solidarität ergänzt.In diesem Jahr erhielten die teilnehmenden Städte und Gemeinden Zuschüsse in Höhe von 1.390.480 €, um 2.483 jungen Menschen, von denen mindestens 50% gefährdet sind, die Möglichkeit zu geben, im Juli und August zu arbeiten.
Der gemeinnützige Verein Volont'R bietet einen anderen Ansatz und betreut Jugendliche ab 17 Jahren bei freiwilligen Einsätzen im Rahmen von Beziehungen. Die 17-jährige Clémentine absolvierte ein Beobachtungspraktikum im Krankenhaus von Libramont : "Ich bin hier, um anderen zu helfen, aber auch, um die verschiedenen Berufe im Krankenhaus kennenzulernen."
Der Mensch im Mittelpunkt der Erfahrung
Emma, ebenfalls Freiwillige in der Pädiatrie, betont die menschliche Dimension ihres Engagements: "Man hängt manchmal an Menschen, an Müttern. Es hat mir auch gezeigt, dass es nach einer Geburt nicht so einfach ist, dass es nicht alles schön und rosig ist."
Diese Initiativen bauen Brücken zwischen Welten, die sich selten begegnen: Jugendliche und Senioren, Arbeiterviertel und öffentliche Einrichtungen. "Es gibt ein Stück Leben zurück", fasst der 68-jährige Marc, der von diesen Initiativen profitiert, einfach zusammen und unterstreicht die Bedeutung des intergenerationellen Dialogs, der dabei entsteht.
Reparaturen" des sozialen Gefüges
Die Originalität dieser Programme liegt in ihrer Dimension des sozialen Experiments. Ohne Trommel und Trompete ermöglichen sie den Jugendlichen, durch die Praxis statt durch die Theorie ein staatsbürgerliches Bewusstsein zu entwickeln. Hélène Errembault von der gemeinnützigen Organisation Volont'R erklärt das so : "Wir nehmen Menschen jeden Alters auf, aber wir zielen wirklich auf junge Menschen und die Möglichkeit für sie, zu entdecken, dass sie sich in der Gesellschaft engagieren können."
Jedes Jahr bauen Tausende von Jugendlichen auf diese Weise ein unsichtbares Netz von "Reparateuren" des sozialen Gefüges auf, die Berufserfahrung in eine Schule der Staatsbürgerschaft und das Taschengeld in einen Vektor der kollektiven Emanzipation verwandeln. Weit entfernt von den Klischees einer unengagierten Jugend zeigen diese Initiativen, dass Jugendliche bereit sind, sich in einem angemessenen Rahmen für den Aufbau einer solidarischeren Gesellschaft einzusetzen und gleichzeitig ihre berufliche Zukunft vorzubereiten.
Quelle: www.rtbf.be/
